Filesharing-Urteil des Bundesgerichtshofs

Bei Belehrung sind Eltern nicht haftbar

Filesharing-Urteil des Bundesgerichtshofs

Klage in einer Filesharing-Angelegenheit abgewiesen

Kinder verbringen heutzutage sehr viel Zeit im Internet. Das Problem vieler Eltern ist: es fehlen umfangreiche Kontrollmöglichkeiten. Was treibt das eigene Kind im Netz? Diese Frage ist nicht unerheblich, da schnell eine Rechtsverletzung begangen werden kann.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in einem Fall entschieden, der viele Eltern minderjähriger Kinder interessieren dürfte: Wie weit geht die Pflicht der Eltern, die Aktivitäten des minderjährigen Nachwuchses im Netz zu überwachen? Wann haften Eltern für illegale Tauschbörsen-Aktivitäten der Sprösslinge, die sich oft besser mit dem Netz auskennen als die Eltern, die für den Anschluss grundsätzlich haften?

Fall vor dem BGH

Im Fall vor dem BGH ging es um eine Familie mit drei Kindern. Ein damals 13-jähriger Sohn der Familie hatte 2007 illegal Musik über Tauschbörsen geladen. 2008 wurde die Familie von vier großen Musiklabels wegen Urheberrechtsverletzungen abgemahnt. Gefordert wurde – wie üblich – Unterlassung sowie Zahlung von ca. 2400 Euro Abmahnkosten und rund 3000 Euro Schadensersatz wegen Verletzung des Urheberrechts.

Eine Unterlassungserklärung gaben die Eltern ab, zahlten aber keinen Cent mit der Begründung, dass sie ihren Überwachungspflichten gegenüber ihrem Sohn nachgekommen waren: Einerseits war auf dem Rechner eine „Kinderschutzsoftware“ installiert, andererseits hatte der Vater den Rechner in kurzen Abständen kontrolliert, aber keine Filesharing-Software finden können.

Die Instanzgerichte waren der Auffassung, dass die Eltern trotzdem wegen einer Aufsichtspflichtverletzung haften und sowohl Abmahnkosten als auch Schadensersatz zu zahlen haben. Zwar hätten sich die Eltern grundsätzlich richtig verhalten. Weil der 13-jährige Sohn die Sicherungsprogramme umgangen habe, müsse man aber davon ausgehen, dass die „Kindersicherung“ nicht korrekt installiert war. Zum Verhängnis wurde den Eltern in den ersten beiden Urteilen auch, dass sich die Icons der Filesharing-Software auf dem Desktop des Rechners des Sohnes fanden.

Keine überspannte Haftung der Eltern

Der BGH urteilte nun aber anders als die Instanzen zuvor: Die Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das die Ge- und Verbote der Eltern regelmäßig befolgt, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren.

Sie seien nicht verpflichtet, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren. Dazu seien Eltern nur verpflichtet, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind bestehen.

Die Eltern dürften sich sehr über das Urteil des BGH gefreut haben, denn Sie haften nun doch nicht für die vom Sohn begangenen Rechtsverletzungen.

(BGH, Urteil v. 15.11.2012, Az.: I ZR 74/12)

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